15 18/2024 Medizintechnik die Auswahl des geeigneten Wärmeausdehnungskoeffizienten (WAK) des Glases mit den für Außenleiter und elektrischen Kontakt-Stiften verwendeten Metallen. Schott fertigt derartige elektrische Durchführungen und Gehäuse aus biokompatiblen Materialien für implantierbare Geräte, die besonders zuverlässig und langlebig sind. Darüber hinaus „ermöglichen Miniatur-Vollglas-Gehäuse die nächste Generation aktiver medizinischer Implantate und Batterien“, skizzierte in ihrem Vortrag Julia Hütsch, Product Manager Medical Electronics bei Schott, die aussichtsreiche Zukunft hermetischer Gehäuse und GlasMetall-Verbindungen. Dazu gehören die flexible Montagereihenfolge, Einsatzmöglichkeiten auf Chip- und Wafer-Ebene und die gute Eignung für Beschichtungen und empfindliche Komponenten. Die RF-Transparenz ermöglicht eine drahtlose Energie- und Datenübertragung, die Glaskonstruktion stört nicht bei medizinischen Bildgebungsprozessen. Außerdem punkten diese Lösungen mit ihrer Biokompatibilität, sie benötigen keinen Zusatz oder Klebstoffe und sind extrem hermetisch. Zudem sind sie kardiofreundlich, können also für Herzschrittmacher und Neurostimulatoren verwendet werden. Viele Pluspunkte im wachsenden Implantatmarkt! Brain Interchange Implantatsystem – direkter Informationsfluss zwischen Hirn und Computer Über die Weiterentwicklung des Brain Interchange System von CorTec berichtete Dr. Martin Schüttler, CTO und Mitbegründer des Unternehmens. „Das System ist in der Lage, Informationen zwischen Biologie und Technologie, zwischen Gehirn und Computer auszutauschen. Deshalb nennen wir es CorTec Brain Interchange. Mit unserem System stellen wir die technologischen Werkzeuge bereit, die für die Entwicklung neuer Therapien und Brain-Computer Interface-Anwendungen benötigt werden“, so Schüttler. Hirnerkrankungen sind weit verbreitet und daher nicht nur Leidfaktor, sondern auch unter Kostenaspekten sehr relevant. Dazu gehören u. a. Angststörungen, Migräne, Depressionen, Demenz, Epilepsie Schlaganfälle, Parkinson, Multiple Sklerose und Hirntumore. Die gesamten Behandlungskosten für alle diese Krankheiten betragen allein in Europa etwa 480 Milliarden Euro pro Jahr. Ein breites Spektrum von Hirnleistungsstörungen ist mit dem Brain Interchange System potenziell behandelbar, wobei Neuromodulationsimplantate inzwischen eine bewährte Technologie darstellen. Der Markt für Tiefenhirn-Neuromodulation wurde für 2023 auf 770 Millionen Dollar geschätzt. Gerade erst hat die US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA eine Ausnahmegenehmigung für Prüfvorrichtungen (Investigational Device Exemption) an die University of Washington erteilt, um das Closed-Loop Brain Interchange Implantatsystem einzusetzen. In dieser klinischen Studie wird eine neuartige Schlaganfallrehabilitationsbehandlung untersucht, bei der die Hirnrindenstimulation zur Verbesserung der Plastizität des Gehirns eingesetzt wird. Mit der Zulassung des Brain Interchange Systems für den Einsatz am Menschen ist CorTec bereit, Kliniker und Forschungsgruppen mit seiner fortschrittlichen Implantattechnologie bei der Untersuchung neuartiger Behandlungsmöglichkeiten für neurologische Erkrankungen zu unterstützen. Dr. Oliver Baertl, CEO von CorTec, fügt hinzu: „Wir sind sehr erfreut über die Rückmeldung der FDA! Dies war ein wichtiger erster Schritt für CorTec zur Unterstützung der klinischen Forschung im schnell wachsenden Bereich der Neuromodulation und Brain-Computer Interfaces. Wir erwarten viele weitere Studien mit unserem System. Die erste Anwendung beim Menschen wird der nächste Meilenstein für unsere Technologie und unser Unternehmen sein.“ Medizinische Polymere für intelligente neuronale Implantate Die Funktionalität und Sicherheit vieler verschiedener Implantate hat einen Punkt erreicht, an dem die Geräte über Jahrzehnte im Körper verbleiben können. Das Fraunhofer IZM kann auf eine lange Geschichte zurückblicken, in der es die Einführung implantierter Geräte in die medizinische Standardversorgung vorantrieb. Dazu gehören bahnbrechende Entwicklungen wie Chip-Scale-Packages für Herzschrittmacher, implantierbare Chemotherapiepumpen-Steuerungssysteme, Baugruppen für Netzhautimplantate und drahtlose Hirn-Computer-Schnittstellen, die direkt mit der Hirnrinde verbunden werden. Die Kompetenzen des Fraunhofer IZM reichen von der Materialauswahl und Miniaturisierungstechnik bis hin zu Zuverlässigkeitsprüfungen und Risikobewertung auf technischer und bio- logischer Ebene. Das IZM kooperiert dabei mit führenden Unternehmen und Forschungseinrichtungen weltweit. Dank der biokompatiblen Technologie für aktive neuronale Schnittstellen kann stimulierende Elektronik in weiche und biokompatible Polyurethansubstrate eingebettet werden und mit Hilfe von Goldelektroden die peripheren Nerven stimulieren. Neuronale Implantate benötigen eine Vielzahl unterschiedlicher Bestandteile, um dauerhaft als geschlossenes System zu funktionieren. Ihre Herstellung ist durch die flexiblen Substrate und die hohen Zuverlässigkeits- und Sicherheitsstandards für Implantationen herausfordernd. Die Arbeitsgruppe Technologien der Bio- elektronik am IZM entwickelt flexible Plattformtechnologien für die Integration und Verbindung verschiedener Komponenten in weichen Polymersubstraten. Flip-Chip- und Embeddingtechniken werden für die Integration von festen Komponenten wie dünnformatiger Schaltungen oder Ultraschalltransducer verwendet. Die metallischen Verbindungen zwischen gewebeintegrierten Komponenten und Elektroden werden durch Sputtern, Galvanisieren und Plasmaätzen hergestellt. Mittels neuartiger Litographietechniken können Systeme hochminiaturisiert und präzise entwickelt werden. In ihrem Vortrag auf dem Innovationsforum stellte Prof. Vasiliki Giagka die jüngsten Ergebnisse einer einjährigen beschleunigten In-vitro- und In-vivo-Studie im Bereich der konformen Beschichtung aktiver neuronaler Schnittstellen vor. „Dabei haben wir insbesondere die Rolle von Silikon und StandardIC-Passivierungsschichten als Bioflüssigkeitsbarrieren für Einzelchipimplantate untersucht“, so Giagka. Implantate sind schon seit längerem unverzichtbare „Ersatzteile“ für den menschlichen Körper. Ihre Entwicklung macht große Fortschritte und erfasst immer weitere Bereiche. Das COMPEMED Innovationsforum hat das nachdrücklich bewiesen. Wer sich über den Bereich der Implante hinaus vom ganzen Leistungsspektrum des Zulieferbereichs der Medizintechnik-Industrie überzeugen will, ist bei der COMPAMED 2024 (Laufzeit: 11. – 14. November) in den Düsseldorfer Messehallen 8a und 8b genau richtig. In fünf Erlebniswelten präsentieren sich die ausstellenden Unternehmen mit einer Fülle an Hightech- und Servicelösungen. Die fünf Erlebniswelten sind: Manufacturing & Devices (u. a. Komponenten, Bauteile, Fertigungsverfahren), Services & Advice (z. B. Forschung, Entwicklung, Dienstleistungen), Materials (u. a. Kunststoffe, Glas, Keramik, Metalle, Verbundwerkstoffe, Klebstoffe, Verpackungen), Micro Tech (wie Mikrokomponenten, Mikrofluidik) sowie IT in Tech (Software-Entwicklung und Wartung für die Medizintechnik).
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