Messekurier-Eurotier-2024

14 20/2024 Lösungen Text & Bild: DLG Service GmbH Eschborner Landstraße 122 60489 Frankfurt am Main Alternative Agrarsysteme zur Versorgung der wachsenden Weltbevölkerung ernten aktuell viel Aufmerksamkeit. Wie kann Landwirtschaft unter kontrollierten Bedingungen die Bereitstellung alternativer Proteinquellen fördern? Welchen Beitrag muss die Forschung leisten, um den Wandel voranzutreiben? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der „Inhouse Farming - Feed & Food Show“, die vom 12. bis 15. November in Hannover zeitgleich mit der EuroTier stattfindet, der weltweit führenden Fachmesse für Tierhaltung und Livestock-Management. Die technologischen Entwicklungen, die auf der „Inhouse Farming - Feed & Food Show“ und der EuroTier präsentiert werden, wirken sich auf die gesamte Wertschöpfungskette aus. Zunehmend optimieren sie auch die Herstellung alternativer Proteine für die Futtermittel- und Lebensmittelindustrie. „Unser Ernährungssystem braucht Vielfalt, hierbei spielen alternative Proteine eine Schlüsselrolle“, sagt Prof. Dr. Nils Borchard, DLG-Bereichsleiter Forschung und Entwicklung. Die Branche stehe zwar noch am Anfang ihrer Entwicklung, aber: „Europa und Deutschland sind technologisch und fachlich gut aufgestellt, um hochwertige Produkte aus alternativen Proteinquellen zu entwickeln und herzustellen, wobei regionale Unterschiede europäischer Ernährungssysteme nicht verloren gehen“, so Borchard, der in der DLG den Ausschuss New Feed & Food leitet. Proteinquellen für die Zukunft Von der Grundlagenforschung, über den Transfer von Technologie in die Praxis bis hin zur Skalierung der Produktion: Eine Vielzahl innovativer Startups, etablierte Unternehmen aus der Lebensmittelwirtschaft, Zulieferer und renommierte Forschungseinrichtungen formen ein leistungsstarkes Ökosystem für die Entwicklung von pflanzlichen, kultivierten und fermentationsbasierten Alternativen zu Produkten aus der Tierhaltung. Zu den Experten in diesem Bereich zählt auch Prof. Dr. Marius Henkel. Er hat eine der ersten Professuren für Cellular Agriculture hierzulande inne und baut seit 2022 an der Technischen Universität München ein Forschungszentrum für Zellkultivierung und Präzisionsfermentation auf. Neben kultiviertem Fleisch arbeiten Henkel und sein Team an Verfahren, die Eier und Milch imitieren. „Das Thema ist derzeit sehr präsent, da viele Unternehmen in dem Bereich gegründet werden“, sagt Henkel. Einer seiner Schwerpunkte liegt auf der Feinabstimmung der Prozesse, die in den Bioreaktoren ablaufen – denn im Gegensatz zur traditionellen Fermentation gelingt das nur mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen. Bei dem Verfahren wird ein Gen, welches das Zielprotein kodiert, einem Spenderorganismus, beispielweise einer Kuh, entnommen und in die DNA einzelliger Organismen, wie Bakterien oder Hefen, eingeführt. In einem Gärtank wird der Organismus vermehrt und die Produktion des Zielproteins induziert. Dieses wird abgetrennt, gereinigt und getrocknet. Das so gewonnen Pulver kann als Zutat für Käse oder Joghurt verwendet werden. Ähnlich wie bei kultiviertem Fleisch soll es künftig auch die Pflanzenzellkultur ermöglichen, vollständige und authentische Zellen in Bioreaktoren zu züchten, die dem Original in nichts nachstehen. Meetingpoint für Investoren und Startups Gemessen an der Leistungsfähigkeit des Wissenschaftsstandorts bleiben in Deutschland derzeit noch viele Gelegenheiten ungenutzt. „Risikokapital war bislang zentral für das Wachstum von innovativen Unternehmen, die Lebensmittel auf Basis von Pflanzen, Fermentation und Kultivierung herstellen“, bestätigt Carlotte Lucas, Head of Industry bei GFI Europe. Damit der Sektor einen entscheidenden Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten kann, bedarf es ihren Worten zufolge jedoch auch neuer Finanzierungsansätze und mehr Zusammenarbeit mit etablierten Akteuren der Lebensmittelindustrie. Die „Inhouse Farming - Feed & Food Show“ adressiert die wichtigsten Akteure und will sie an einen Tisch holen, um zu erörtern, „wo wir aktuell stehen und wo es Handlungsbedarf gibt“, sagt DLG-Experte Borchard. Der perfekte Ort, um mögliche Kooperationen zwischen Investoren und Gründern auszuloten, ist das Investoren-Frühstück, das am Donnerstag, den 14. November um 9.30 Uhr im Rahmen der DLG Expert Stage in Halle 24 stattfindet. Im Zentrum der Gespräche dürften Technologien rund um das Vertical Farming und Insect Farming stehen, die in den Ernährungssystemen der Zukunft eine zunehmend wichtigere Rolle spielen. Denn Landwirte müssen nicht nur mit den Folgen des Klimawandels, einschließlich extremerer Wetterbedingungen, zurechtkommen – auch Ackerland ist als Ressource nur begrenzt verfügbar. Anbau 2.0 in geschlossenen Systemen Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich die „Inhouse Farming - Feed & Food Show“ und ein Großteil der Aussteller in Hannover mit den zukunftsweisenden Verfahren der Controlled Environment Agriculture (CEA). Eines davon ist das Vertical Farming – eine platzsparende Anbaumethode. „Sie ermöglicht die Produktion von Nahrungsmitteln und anderen Rohstoffen unabhängig von Witterungseinflüssen und schont natürliche Ressourcen, wie Wasser oder Boden“, bringt DLG-Experte Borchard die Vorzüge der CEA-Technologie auf den Punkt. Trotz der Vorteile stehen derartige Indoor-Systeme noch vor einigen Hürden. Die hohen Investitionskosten sowie der hohe Energieverbrauch gelten als die größten Hemmschuhe, da Vertical Farming einen besonderen Anspruch an das Innenklima und die Beleuchtung hat, um die optimalen Bedingungen für das Wachstum der Pflanzen, Pilze und tierischen Organismen sicherzustellen. Borchard: „Hier eröffnen sich jedoch spannende Möglichkeiten, wenn erneuerbare Energien den Bedarf decken und so den ökologischen Fußabdruck minimieren. In Dänemark werden solche Systeme beispielsweise mit Energie aus Windkraftanlagen betrieben.“ Ein Nebeneffekt der vertikalen Landwirtschaft: Sie ermöglicht die Lebensmittelproduktion direkt am Ort des Bedarfs und im urbanen Umfeld. Viele Proteinwende im Blick: Lösungen für die Ernährungssysteme der Zukunft

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