02.10.2018
6. MEDICA MEDICINE + SPORTS CONFERENCE: Düsseldorf wird über zwei Tage zum Hotspot der internationalen Sportmedizin
Sport hält gesund – und Firmen können ihre Mitarbeiter dabei unterstützen mit entsprechenden Angeboten zur Prävention. Corporate Fitness gehört folgerichtig zu den wichtigen Themen der diesjährigen 6. MEDICA MEDICINE + SPORTS CONFERENCE, die am Dienstag und Mittwoch, 13. und 14. November, im Rahmen der mit mehr als 5.000 Ausstellern aus 70 Nationen weltgrößten Medizinmesse MEDICA 2018 stattfindet (Laufzeit: 12. – 15. November). Und Sport kann mehr als nur präventiv zu wirken. Wie Ärzte Sport gezielt einsetzen können, um ihren Patienten beispielsweise mit chronischen Erkrankungen zu helfen, auch dies wird thematisiert. Nicht erst seitdem es das Präventionsgesetz gibt, ist hier vieles realisierbar und wird auch von Krankenkassen bezahlt. Gerade im Kinder- und Jugendalter ist es wichtig zu handeln – und so liegt ein Schwerpunkt der Konferenz auch auf diesem Aspekt. Technische Innovationen können in allen Bereichen des Sports hilfreich sein und entsprechend werden auch diese in den Vorträgen beleuchtet.
Die Bedeutung des Breitensports für die Prävention wird Philippe Furrer in seiner Keynote bei der MEDICA MEDICINE + SPORTS CONFERENCE am Dienstag, 13. November, 13 Uhr, hervorheben. Er ist beim Internationalen Olympischen Komitee unter anderem zuständig für die `Global-Active-City´-Bewegung. Hamburg zählt hier zu den Bewerbern: Das Label soll jenen Städten verliehen werden, die ein Management-System eingeführt haben, welches die physische sportliche Aktivität für alle fördert. So wird auch das Handeln der Politik bewertet und die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen geprüft. Denn gelänge es nicht auf breiter Front, die jetzigen Generationen zur Bewegung zu motivieren, dann drohte eine Flut beispielsweise chronischer Erkrankungen. Frank Dassler (adidas), Präsident der Federation of the European Sporting Goods Industry (FESI), wird in Düsseldorf schildern, wie Sport als Mittel einzusetzen ist, um die gesellschaftlichen Folgen von Bewegungsmangel und schlechten Ernährungsgewohnheiten zu meistern. Auch immer mehr Kinder leiden unter Krankheiten wie Diabetes 2 oder Herz-Kreislauf-Beschwerden, die früher nur ältere Menschen betrafen. Prof. Larry Durstine, ehemaliger Präsident des American College of Sport Medicine, wird vorstellen, wie dieser Herausforderung begegnet werden kann. Damit nimmt ein führender Vertreter der weltweit größten sportmedizinischen Vereinigung Stellung zu diesem brennenden Thema. Insgesamt wird bei der 6. MEDICA MEDICINE + SPORTS CONFERENCE erneut das `Who is who´ der internationalen Sportmedizin an den zwei Konferenztagen in Düsseldorf präsent sein.
Digitale Innovationen für den Spitzensport und die Sportmedizin
Im Rahmen der englischsprachigen Konferenz werden zahlreiche digitale Innovationen erstmalig vorgestellt. So wird Prof. Billy Sperlich, Universität Würzburg, in Session 1 am Dienstag, 13. November, die Möglichkeiten einer umfassenden Bewegungsanalyse von einzelnen Spielern auf dem Sportplatz zeigen. Die Daten zum Bewegungsverhalten verraten etwa, ob und wann ein Spieler nach einem Foul oder einer Kopfverletzung aus dem Spiel genommen werden sollte. Thomas Hock, Simi Reality Motion Systems, stellt ein weiteres System vor: Die Firma hat gemeinsam mit dem Institut für Informationsverarbeitung an der Leibniz-Universität Hannover ein System entwickelt, um Bewegungsabläufe exakt auf der Basis von Aufnahmen von Hochgeschwindigkeitskameras zu erfassen. Vorteil: Die Bewertung kommt komplett ohne Sensoren am Körper aus und kann so auch bei realen Sportveranstaltungen – etwa bei Fußballspielen – zur Analyse von Bewegungsabläufen zum Einsatz kommen. Prof. Yannis Pitsiladis, University Brighton gibt Einblicke in den aktuellen Stand des `Sub2´-Marathon-Projekts und die Notwendigkeit des Einsatzes von Wearables im Spitzen-, Breiten- und Gesundheitssport. Vielleicht gelingt es den kenianischen Spitzenläufern, bis Mitte November die Zwei-Stunden-Marke zu unterbieten. Und Prof. Wilhelm Bloch, Deutsche Sporthochschule Köln, sowie Dr. Casper Grim, leitender Oberarzt des Klinikums Osnabrück werden in Session 2 am Dienstagnachmittag neue Erkenntnisse in der Diagnose und Therapie von Muskel- und Sehnenverletzungen thematisieren. Grim ist Chef des Ärzteteams der erfolgreichen German Triathlon Union und betreut zahlreiche Profi- und Freizeitläufer.
Auch in Session 7 am Mittwoch, dem zweiten Konferenztag, werden digitale Neuheiten vorgestellt. Mit dabei ist das eHealth-Startup LOEWI mit dem Thema blutbasierte Leistungsoptimierung. LOEWI (aus München) analysiert diverse Makro- und Mikronährstoffe, stellt diese verständlich über eine Internet-Plattform dar und unterstützt dadurch personalisierte Ernährungsempfehlungen. Einsatzgebiete sind die funktionelle Rehabilitation aber auch der Sport. Apropos Sport: Allein macht er Spaß, aber für viele macht er noch mehr Spaß gemeinsam mit anderen. Das hat Fitrockr erkannt und bietet die passende Plattform, mit der sich jeder samt eigenem Fitness-Tracker mit anderen in einer Gruppe verbinden kann. So finden beispielsweise Freizeitläufer schnell passende Gruppen.
Insgesamt ist es aber unerheblich, welche Sportart gewählt wird. Fitrockr konvertiert letztendlich die Aktivitätsergebnisse automatisch in Fitrockr-Punkte, die über alle Sportarten und Fitness-Tracker hinweg vergleichbar sind. So sollen sich Teilnehmer wirklich mit allen messen können. Oxy4 realisiert indes mit seiner Neuheit eine nicht-invasive mobile Echtzeit-Messung der Sauerstoffsättigung in der Skelettmuskulatur und ermöglicht so die Erfassung von lokalen metabolischen Reaktionen – eine sinnvolle Ergänzung der Laktatdiagnostik.
Corporate Fitness – fit for fun & work
Was vorbildliche Firmen in punkto „Corporate Fitness“ leisten, ist Thema am Mittwoch, 14. November, ab 14:30 Uhr in Session 6. Für Adidas berichtet Martin Welke, Senior Director im Fitness & Health Management gemeinsam mit Anthony Slater, Senior Vice President von Exos, über das Engagement des Unternehmens. Mitarbeiter haben kostengünstigen Zugang zu Fitnesskursen, können an Workshops zum Thema Ernährung teilnehmen oder einzelne Sportkurse separat buchen. Mit Ausnahme des Fitnessstudios sind alle Angebote kostenlos nutzbar. Rund die Hälfte der Angestellten nutzt diese. Ein weiterer Teil organisiert Lauf- und Teamsportgruppen. Prof. Willem van Mechelen, renommierter Arbeitsmediziner aus Amsterdam wird in seinem Konferenzvortrag aufzeigen, wie sich Corporate Fitness auszahlt.
Moderne Konzepte gehen dabei weit über subventionierte Besuche in Fitness-Studios hinaus. „Improving corporate fitness and performance: the `Health & Fitness Street‘ and its implementation“ lautet der Titel des Konferenzbeitrags von Prof. Rüdiger Reer, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP). In Hamburg leitet er die Präventionsambulanz. Hier geht es um die Vernetzung von Daten aus präventiven Health- und Fitness-Checks. Auf der s. g. `Health & Fitness Street´ werden objektive Messwerte umfassend gesammelt und um einen Fragebogen ergänzt, der Ess- und Bewegungsverhalten sowie Stresslevel erhebt. Nach der Auswertung werden gezielt Lebensstilmaßnahmen empfohlen, die dem Einzelnem effektiv weiterhelfen.
Guided Innovation Tour mit Check-up-Option
Auch jeder Teilnehmer der MEDICA MEDICINE + SPORTS CONFERENCE hat die Möglichkeit, sich einem Gesundheits- und Fitness-Check zu unterziehen – im Rahmen der Guided Innovation Tour für die Konferenz-Teilnehmer, die einen Schwerpunkt auf körpernah einsetzbare Technologie legt (Wearables) und am Dienstagnachmittag (13. November) in die Messehalle 15 führt.
Ein Unternehmen, das hier am Start ist, ist Polyconnect mit Geschäftsführer Markus Stadler. Sie bieten eine Portallösung zur Leistungsdiagnostik, die die Daten hunderter unterschiedlicher Diagnose- und Monitoring-Systeme automatisch sammelt. Ein vom Nutzer selbstgewählter Performance- und Readiness-Index hilft, diese Daten zu managen. Beteiligt sind zahlreiche Anbieter, zum Beispiel zur Messung der Sprungkraft und/ oder der Körperstabilität. Die Sportler müssen sich hier den Untersuchungen stellen. Die Portallösung führt dann die Daten für den Trainer zusammen – der so die nächsten Maßnahmen individuell zuschneidern kann. Der FC Bayern ist hier bereits Kunde. Aber nicht nur im Leistungssport sind solche Angebote interessant. Firmen können sie ihren Angestellten anbieten um Fitness-Tipps zu geben wie die Profis.
Maßgeschneiderte Programme für aktivere Kids und Senioren
Der zweite Tag der MEDICA MEDICINE + SPORTS CONFERENCE beginnt am Mittwoch, 14. November, mit `Tailored Exercise´-Programmen in Session 4 – also mit Trainingsprogrammen, die konkret auf bestimmte Zielgruppen oder sogar Personen zugeschnitten sind. Eine dieser Zielgruppen sind Kinder und Jugendliche. Prof. Hans Holdhaus, Gründer und Direktor des Instituts für medizinische und sportwissenschaftliche Beratung (IMSB) Österreich, wird sein Konzept des Bewegungskindergartens vorstellen – und die Auswirkungen konkret darlegen. Das Konzept „bewegte kids“ beinhaltet ein zertifiziertes Fortbildungsprogramm für Kindergartenpädagogen, Hortbetreuer und Erzieher sowie die praktische Umsetzung in den Kindergärten. Ziel ist es im Rahmen des Kindergartens, einen vielseitigen „Bewegungsschatz“ so aufzubauen, dass er lebenslang genutzt werden kann.
Gleich zwei Zielgruppen erreicht Dr. Birgit Böhm vom Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie der TU München. In ihrem Aschauer Frischluftbus bringen Senioren Kinder zu Fuß zur Schule. Dies ist ein zweijähriges Forschungsprojekt der TU München zusammen mit der Gemeinde Aschau im Chiemgau. Ziel ist es, dem zunehmenden Bewegungsdefizit bei Kindern und älteren Menschen entgegenzuwirken und sie gemeinsam zu mehr Bewegung zu aktivieren. Dabei begleiten ältere Bürger und interessierte Eltern ihre Grundschulkinder wöchentlich zwei Mal morgens ab 7.30 Uhr auf sechs definierten „Buslinien/ Wegstrecken“ zu Fuß zur Grundschule. Dazu wurden die offiziellen Stecken kartographiert und beschildert. Nachhaltig ist dies für das konkrete Dorf schon deshalb, weil es auch nach Ende der Projektphase in Eigenregie weiterläuft.
Auch Krafttraining ist etwas für Kinder. Prof. Urs Granacher, Potsdam, wird in seinem Vortrag „Resistance Training in Children and Adolescents“ die Ergebnisse der KINGS-Studie vorstellen – und das Krafttraining auch für den Breitensport nahelegen. Manche Mythen werden hier widerlegt. Während insbesondere der Sport im Kindesalter vorwiegend präventiv eingesetzt wird, beschreibt Prof. Andrea Ermolao, Universität Padua, wie das Rezept für Bewegung bei Adipositas eingesetzt werden kann. Bis November werden auch die finalen Ergebnisse der umfangreichsten Rückenstudie aller Zeiten vorliegen. Prof. Frank Mayer, Vorsitzender des Wissenschaftsrats der DGSP, präsentiert dann die Resultate zur Wirksamkeit von neuromuskulären Training in Düsseldorf. Prof. Uwe Tegtbur, Direktor des Instituts für Sportmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover, wird seine für Furore sorgende Studie zum E-Biking vorstellen. Auf den ersten Blick wirkt es widersprüchlich: E-Biking soll einen stärkeren sportlichen Effekt haben als Fahrradfahren ohne E-Motor. Allerdings lockt das E-Bike wohl mehr, den Weg zur Arbeit mit dem Rad zurückzulegen – und damit zu fahren ist immer noch besser, als das Fahrrad gar nicht erst in Erwägung zu ziehen. Prof. Tegtbur wird hier genau erklären, warum dies so ist.
Internationaler Vergleich: Deutschland sollte sich mehr bewegen
Den internationalen Vergleich ziehen Sportwissenschaftler in Session 5 am Mittwoch, 14. November. Vorbildlich ist diesbezüglich einmal mehr Schweden. Entsprechend der WHO erreichen 67 Prozent der Erwachsenen die empfohlenen „Physical Activity Level“ – wobei es im Gegensatz zu anderen Ländern kaum Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt. So motivieren hier Steuervergünstigungen bzw. Sondervergütungen zum Sport. Prof. Mats Börjesson von der Sahlgrenska Academy wird darauf genauer eingehen. Viel schwieriger ist die Situation dagegen in Italien, wo fast alles nur über Privatabrechnung erfolgt. Dennoch: Immerhin erreichen 63 Prozent der Männer im Alter zwischen dreißig bis sechzig Jahren die Mindestgrenze der WHO – allerdings nur 37 Prozent der Frauen. Spannend wird aber auch das Referat von Dr. Donia Koubaa. Sie wird von der Situation in Tunesien berichten. Und wo steht Deutschland? Das Präventionsgesetz hat zwar viele Möglichkeiten geschaffen, aber viele davon werden nicht genutzt. So verordnen Ärzte kaum mehr präventive Leistungen, als sie es vor in Krafttreten des Gesetzes gemacht haben. Resultat des insgesamt verbesserungsfähigen Engagements: Nur 44 Prozent der Männer und 35 Prozent der Frauen in Deutschland erreichen die WHO-Vorgaben. Da ist Luft nach oben. Prof. Jürgen Steinacker, Vorsitzender der europäischen „Initiative for Exercise is Medicine“, wird darlegen, wie insbesondere Allgemeinmediziner und ihre Patienten von den Möglichkeiten profitieren, die die deutschen Regelungen bereits jetzt bieten.
Bild & Text: medica.de