05.09.2018
Gelungene Premiere auf der SMM
Zum ersten Mal fand das renommierte TradeWinds Shipowners Forum im Rahmen der SMM, der Weltleitmesse der maritimen Wirtschaft, statt. Auf der Konferenz in Hamburg trafen namhafte Schiffseigner und internationale Experten zusammen, um über Perspektiven der Branche zu diskutieren. Im Vordergrund standen Fragen der Finanzierung und Effizienzfortschritte durch digitale Lösungen.
Athen, Singapur, Houston: In der internationalen Schifffahrtsbranche ist das „Shipowners Forum“ von TradeWinds eine feste Größe. Jetzt fand die Veranstaltung zum ersten Mal auf der SMM in Hamburg statt – und setzte gleich Maßstäbe. In zwei hochkarätig besetzten Panels diskutierten die Teilnehmer über „Germany’s New Dawn“ und „Global Ambition“. „Die Märkte erholen sich langsam, müssen aber gleichzeitig neue Herausforderungen meistern – was digitale Technologien, aber auch was strengere Regeln in Sachen Brennstoff und Emissionen anbelangt“, sagte TradeWinds-Chefredakteur Julian Bray, der die Veranstaltung moderierte und mit einem Gespräch mit IMO-Generalsekretär Kitack Lim einstieg.
Mit frischer Energie
Wie sie sich aufstellen, erklärten anschließend die Teilnehmer des ersten Panels. Für Nicolaus Bunnemann, Geschäftsführer von Atlantic Lloyd, ist es wichtig, „das deutsche Schifffahrtscluster nach vorn zu bringen“ – dazu gehöre es, Aktivitäten zu bündeln, um daraus Nutzen für die Zukunft zu ziehen. Für ihn steht fest: „Nicht die Zahl der Schiffe ist entscheidend, sondern die finanzielle Basis.“ Alexander Oetker, CEO von A O Schifffahrt, betonte seine Verbundenheit mit dem Standort: Hamburg sei ein großartiger Platz, um Schifffahrt zu betreiben. „Je stärker man wachsen will, desto solider müssen die Wurzeln sein.“ Wachstum ist auch das Thema von Zeaborn-Geschäftsführerin Isabelle Rickmers – aber nicht unbedingt organisches: „Konsolidierung bleibt eines der wichtigsten Themen der Branche und wir wollen aktiv daran mitwirken.“ Größe sei wichtig, wenn man als Shipmanager im globalen Maßstab wettbewerbsfähig bleiben wolle.
Hanse Ship Management (HSM) geht da einen anderen Weg, berichtete Arnd Becker, der als Vorsitzender den Zusammenschluss von 13 Reedereien mit rund 90 Schiffen managt. Nach wie vor sei die Finanzierung ein kritischer Punkt: „Die Branche hat da viel Vertrauen verloren.“
Allerdings sei es der Gruppe auch schon gelungen, Privates Beteiligungskapital aus Fernost zu akquirieren. Man brauche starke Finanzpartner, ergänzte Jan Hagemann, Spezialist für maritimes Asset Management, der eine neue Aufbruchstimmung noch vermisst. Die Branche habe mehrere Refinanzierungswellen hinter sich, aber versäumt, das Finanzierungssystem neu aufzustellen, so der CEO von Five Oceans. Christian Oldendorff, Eigentümer von Oldendorff Overseas Investments, sieht gute Chancen im Bereich von vermögenden Privatleuten. Großer Vorteil: „Die Investoren geben uns wichtige Impulse in Sachen Professionalisierung“ – je effizienter die Strukturen, desto attraktiver für die Kapitalgeber.
Faire Kosten-Verteilung
Sinkende Frachtraten, steigende Bunkerkosten: Wie die Linienreedereien von der komplexen Lage betroffen sind, machte anschließend Hapag-Lloyd-CEO Rolf Habben-Jansen klar. Als Gesamtbranche hätten die Linien zwischen 2011 und 2018 keine Kapitalrendite erzielt. Nur bei den großen Playern, zu denen Hapag-Lloyd zählt, lief es besser. Die neuen Umweltregularien dürften als zusätzliche Belastung nicht unterschätzt werden: „2020 ist quasi morgen – ab Oktober 2019 müssen wir neuen Treibstoff bunkern.“ Da der schwefelarme Brennstoff aber pro Tonne 250 Dollar mehr koste, entstünden allein seiner Reederei Mehrkosten von einer Milliarde Dollar pro Jahr. Da nur wenige Schiffe LNG-tauglich seien und bis 2020 auch nur ein kleiner Teil der Weltflotte über Scrubber verfügen werde, sei es wichtig, für die Branche einen fairen und transparenten Mechanismus zu finden, wie die Mehrkosten aufgefangen werden können.
Ein Grundsatzproblem griff George Hulse, Geschäftsführer des Schiffsmaklers Howe Robinson Partners, in der zweiten Panel-Diskussion auf: die Irrationalitäten im Markt. So sei es schwierig, als Privatunternehmen mit Staatsunternehmen zu konkurrieren, sagte er mit Blick auf Asien. Außerdem könnten Robotik und 3D-Druck die Warenströme verändern. „Die Konsolidierung ist noch nicht vorbei“, so Hulse. Zeaborn Ship Management ist hier einer der Akteure. CEO Nils Aden sagte: „Unser Ziel als ein globaler Third-Party-Shipmanager ist es, Veränderungen in Vorteile für unsere Kunden zu verwandeln – dabei ist Größe nur ein Aspekt.“ Das größte Potenzial der Digitalisierung sieht er im Flottenmanagement. Weil der Markt sehr wettbewerbsintensiv bleibe, würden die nächsten Jahrzehnte von Innovationen bestimmt, ergänzte Knut Ørbeck-Nilssen, CEO der Beratungs- und Klassifikationsgesellschaft DNV GL-Maritime. Digitalisierung und maschinelles Lernen böten enorme Möglichkeiten. Allerdings dürfe man die Risiken – Stichwort Cyber Security – nicht außer Acht lassen.
„Die größte Chance, Mehrwert zu schaffen, ist zusammenzuarbeiten“, sagte Jon Key, Director Strategy, Innovation & Transformation bei V.Group, einem führenden Schiffsmanager. Man müsse Grenzen überschreiten und von anderen Industrien lernen, um effizienter zu werden: „Die einzigen, die uns zurückhalten, sind wir selbst.“ Neben Kooperation sei Diversität und die Einbindung junger Talente ein Schlüssel zum Erfolg, weil man aus unterschiedlichen Perspektiven zu besseren Lösungen komme. Philipp Wünschmann, Head of Shipping bei der Berenberg Bank, dämpfte die Sorgen einer möglichen Eskalation von Handelskriegen. Er beobachtet bei seinen Kunden „viel mehr Diskussionen über zukunftsorientierte Fragestellungen“. Das komme auch bei Investoren besser an als weitere Nachrichten zum Thema Schifffahrtskrise.
Solide Entwicklung
Flankiert wurden die Diskussionen durch Markteinschätzungen von Experten: Stephen Gordon von Clarksons Research referierte über die Schifffahrtsmärkte. Bei der letzten SMM hätte die Branche die Talsohle erreicht – mit dem Allzeittief an Neubaubestellungen. Mittlerweile habe sich der Markt mit 568 Aufträgen im Wert von 36,5 Milliarden Dollar moderat erholt. „Wir müssen den europäischen Werften gratulieren“, sagte Gordon. Dank ihrer Fokussierung auf Kreuzfahrtschiffe hätten sie sich einen Großteil des Auftragsbuchs in dem Segment gesichert. Im Containersegment scheinen Angebot und Nachfrage wieder in eine Balance zu kommen.
Alexandre Tavazzi von der Schweizer Privatbank Pictet gab zum Abschluss der Veranstaltung einen ökonomischen Ausblick – und hatte für die Teilnehmer ebenfalls eine positive Botschaft parat: Man sei zwar angesichts der Unwägbarkeiten der Politik von US-Präsident Trump in einer außerordentlich instabilen Situation. Doch selbst wenn es zu einer Verschärfung des Handelskonflikts komme, sei der Einfluss aufs weltweite Wachstum überschaubar. Trotz Schuldenkrise in den Schwellenländern und Budgetproblemen in Italien: „Die Welt der Unternehmen funktioniert prima. Wir erwarten ein solides Wachstum der Weltwirtschaft.“
Geballte Expertise, spannende Diskussionen: Das TradeWinds Shipowners Forum hat auf der SMM eine eindrucksvolle Premiere gefeiert.
Bild & Text: smm-hamburg.com